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Digitalisierung

Digitalisierung – Fluch oder Segen?

Der technologische Fortschritt schreitet unaufhaltsam voran und wir sind in beinahe allen Lebenslagen davon betroffen. Digitalisierung heisst das Schlagwort in diesem Zusammenhang. Wir verdanken der Digitalisierung einige Annehmlichkeiten, an die wir uns alle gewöhnt haben und mittlerweile tagtäglich nutzen, als hätte es nie etwas Anderes gegeben.


Das ich von den heutigen technischen Möglichkeiten, als fast Blinder, enorm profitiere, ist keine Frage. Es ist noch kein Vierteljahrhundert her, als Menschen mit starker Sehbehinderung und blinde Menschen Korbflechter, Masseure oder oft sogar in sogenannten Blindenheimen regelrecht weggesperrt wurden. Die Digitalisierung ermöglicht es mir, einem Beruf nachzugehen, der meinen Interessen und Fähigkeiten auch entspricht. Oft werde ich gefragt, wie ich meinen Arbeitsalltag bewältige. Die Antwort erstaunt und verblüfft mein Gegenüber oft zu gleichen Teilen. Denn ich brauche bis auf ein, zwei Ausnahmen die gleichen Geräte wie ein normal Sehender. Alles was ich brauche, ist ein handelsüblicher Laptop, auf dem ein Screenreader installiert ist sowie ein spezielles Diktiergerät. Die synthetische Stimme des Screenreaders liest mir nicht nur die E-Mails, Word- und Excel-Dokumente vor, sondern sagt mir auch das hinterlegte Zeichen der gedrückten Tastatur-Taste an. Die Computermaus benötige ich eigentlich nicht, denn visuell kann ich auf dem Bildschirm kaum etwas erkennen. Ich navigiere mittels Tastenkombinationen durch die Systeme und Programme. Dank des Headsets ist es mir möglich, Telefonate zu führen und mein Umfeld wird nicht durch die schrecklich monotone und viel zu schnelle Stimme des Readers gestört. Diesen Einwand höre ich im privaten Umfeld oft, wenn ich mir einmal erlaube, ohne Kopfhörer etwas zu erledigen. Natürlich ist die Stimme monoton und für ungeübte Ohren auch viel zu schnell, dafür bin ich beim Hören von Nachrichten oder Dokumenten teilweise schneller als ein Sehender. Das Diktiergerät hilft mir Notizen zu machen und versorgt mich an Sitzungen mit den benötigten Informationen, die ich mir mit besten Willen nicht alle merken kann.

Im privaten Umfeld habe ich dank meines iPhones mein Büro immer bei mir. Denn diese Marke hat schon seit Beginn auch für Menschen mit körperlichen Einschränkungen viel getan. Die eingebaute Sprachausgabe ist eine der besten, die es auf dem Markt gibt. So kann ich über mein Smartphone E-Mails, SMS sowie Sprachnachrichten etc. empfangen und senden. Über die verschiedenen Apps stehen mir unter anderem die Tagespresse, Podcasts und Hörbücher zur Verfügung. Ich kann mittels einer externen Tastatur sogar einen Blogbeitrag verfassen – sehr bequem.

Ich darf mich somit sicherlich als einer der grössten Profiteure der Digitalisierung bezeichnen, erlaube mir aber trotzdem den Wandel und die Folgen der vierten industriellen Revolution auch etwas kritisch zu hinterfragen.

Ob Google, Apple oder Samsung – alle bieten zu ihren Produkten mittlerweile einen Sprachassistenten an. Die Künstliche Intelligenz erlaubt es uns dank Alexa, Siri und co. mit wenigen Sprachbefehlen das Lieblingsessen zu bestellen. Google weiss dank unseren Suchbegriffen, welche Vorlieben wir haben und gibt unsere Daten auch an Firmen und Personen weiter, die damit Ihre Produkte und Angebote an uns richten. Praktisch? Natürlich – aber wie lange haben wir es noch wirklich unter Kontrolle? Eindrücklich finde ich dazu das Video unter folgendem Link: https://www.youtube.com/watch?v=kty0xCgIYjA
Es mag aus heutiger Sicht noch etwas übertrieben erscheinen, aber meiner Meinung nach sind wir nicht mehr weit davon entfernt.

Mir persönlich macht dies aus zwei Gründen auch ein wenig Angst. Erstens schreitet die Digitalisierung in einem so rasanten Tempo voran, dass die Screenreader technologisch immer fast fünf Jahre hinterherhinken. Die Versionen und neuen Tools verändern sich aber um einiges schneller, was uns Betroffene im beruflichen Umfeld enorm unter Druck setzt. Denn es ist schon schwer genug als fast Blinder eine Arbeitsstelle zu bekommen. Wenn der Betroffene dann noch arbeitet wie in der «Steinzeit», wird die Erhaltung des ersten Arbeitsmarktes nicht einfacher. Zweitens müssen wir heute immer und überall online sein. Daher verwundert es mich kaum mehr, dass viele ein Sabbatical einlegen müssen. Der Druck an uns steigt und steigt. Ich bin überzeugt, die Konsequenzen werden erst in ein paar Jahren richtig erfassbar sein. Ich hoffe, wir lernen mit den durchaus tollen Errungenschaften, die die vierte industrielle Revolution mit sich bringt, umzugehen. Und auch nicht vergessen, uns die benötigte Ruhe zu gönnen. Denn nur wer auch einmal die Seele baumeln lässt und sich genügend ausruht, ist wirklich leistungsfähig. Nehmen wir uns also die Zeit und gehen offline – geniessen eine Radtour (ich auf meinem Tandem) in der Natur, gute Gespräche mit vertrauten Menschen, schätzen ein feines Essen mit der Partnerin oder dem Partner, ohne dabei ständig auf das Smartphone zu starren. Es ist nicht entscheidend was wir machen, sondern wie wir es machen. Denn es gibt Dinge, die man nicht rückgängig machen kann, auch mit der Digitalisierung nicht.